Neuro-Stress! Das dritte Semester

Rückblickend war das dritte Semester hier in Pécs wohl mein bisher härtestes. Mit Neuroanatomie und der anstehenden Rigorosumsprüfung war man schon mehr als ausgelastet, aber man hat ja nicht nur ein einziges Fach im dritten Semester.

Am Anfang war noch alles entspannt

Frisch erholt und voll motiviert kehrte ich im September zurück nach Pécs, wo zu diesem Zeitpunkt noch fast tropisch warm war. Am nächsten Tag war man schon fast wieder im Uni- Alltagstrott angekommen: Seminare, Vorlesungen, Anstehen am Studienreferat für den Überweisungsbeleg und die Imma-Bescheinigung, Kaffee aus der Cafeteria holen und sich mit seinen Freunden über die zu kurzen Ferien austauschen. Jetzt im zweiten Jahr zählte man zu den „Großen“ der Vorklinik, denen nun Neuroanatomie blühte. Neben diesem Fach gab es für uns noch Physiologie, Biochemie, Immunologie, Umweltmedizin, Ungarisch und Humangenetik. Klingt erst einmal nicht viel, war es aber dann doch. Die Wochenstundenanzahl war mehr als ordentlich. Das hat gerade am Ende des Semesters sehr geschlaucht, so sehr, dass ich eigentlich froh war, als endlich der Dezember und somit die Prüfungszeit anbrach.

Gerade am Semesterstart geht man grundsätzlich alles etwas entspannter an. Da hatte ich auch noch mal Zeit für Unternehmungen, später war das eher die Ausnahme. Mir fiel es nach einem schönen, ruhigen Sommer sehr schwer in den Vorlesungen oder Seminaren 90 Minuten volle Aufmerksamkeit einem Fach zu schenken, geschweige denn die Motivation so richtig mit dem Anatomie wiederholen zu beginnen. Ich hatte mir trotzdem einen gut durchdachten Plan angefertigt, wann ich was für Anatomie, Histologie und Embryologie wiederholen wollte. Die Neuro-Themen selbst wollte ich, wie letztes Semester schon fleißig bis zu den jeweiligen Testaten fertig ausgearbeitet und gelernt haben. Das hat auch geklappt und die Neuroanatomie hat mir großen Spaß gemacht. Ging es am Anfang um die Makrokopie von Gehirn, Kleinhirn und Rückenmark und deren verschiedenen Schnitte, wie Flechsig-Schnitt oder alle typischen sagittal, horizontal und frontalen Schnitte, vertiefte man später die Kopf und Halsregionen, bevor man sich am Ende des Semesters mit all den Bahnen des Rückenmarks, des Hirnstamms, Koordination und den Sinnesorganen beschäftigte. Hatte ich noch im letzten Semester an meiner Lernmethode gezweifelt, entpuppte sie sich nun als gewinnbringend, denn mit einer guten Vornote wollte ich in meine Anatomie-Endprüfung und habe es am Ende auch geschafft.

Überhaupt gab es in diesem Semester nur einen Fokus: Neuro. Alles andere ist wortwörtlich hinten herunter gefallen. Zwar hat man für die Chemie- und Immunologie- Wochentestate sporadisch etwas gemacht, aber eben nie wirklich intensiv. Die wichtigsten Vorlesungen waren auch nur Anatomie und Histologie, der Rest war leider nicht relevant. Das rächte sich aber dann doch in der Prüfungszeit. So konnte man bis zur achten Woche gut seine Anatomiewiederholungen durchziehen und die Themen für Neuro zusammenfassen. Aber danach wurde es verrückt und mein schöner Wiederholungsplan hinfällig, denn erst war ich nur eine, dann zwei, drei und irgendwann vier Wochen im Verzug. Also ab in den Müll damit! Ich hatte wirklich das Gefühl jeder Dozent, jedes Fach forderte 100 Prozent Aufmerksamkeit und beanspruchte die alleinige Wichtigkeit. Zwischentestate hier und dort, Referate und immer im Hintergrund diese Ana-Endprüfungsungeheuer, dass einen kaum zur Ruhe kommen ließ. Der Stressfaktor war sehr enorm und viele haben damit arg zu kämpfen gehabt. Wie bereits gesagt, ich war heilfroh als dann endlich die letzte Vorlesungswoche und damit die volle Konzentration auf ein einziges Fach gewährleistet war.

Und der Neuro-Stress nimmt zu

Da ich immer das Prinzip verfolgt habe, dass Fach als erstes prüfen zu lassen, was mir am meisten Spundus bereitet, wollte ich mit besagtem Anatomie- Rigorosum starten. Schon die Wochen vorher hatte man die Möglichkeit bekommen, seine Wiederholungen in Histologie direkt an den Schnitten per Mikroskop zu vertiefen und an den Präparaten für Anatomie Regionen, Gefäße, Nerven und Organe durchzugehen. So hieß es dann lernen, lernen, pauken, lernen, verzweifeln, Leichengang üben und versuchen ruhig zu bleiben. Eigentlich läuft die Endprüfung ja nicht anders als die letzten beiden Semester ab. Man zieht zwei Themen über Neuroanatomie, hat einen Leichengang über komplett alles aus dem letzten Jahr und geht mit einer Vornote schon rein. Dazu kommt jetzt aber auch noch, dass Histologie und Embryologie nicht mehr, wie vorher getrennt geprüft werden. So zieht man dann eben noch zwei Histo-Schnitte und ein Embryothema aus den letzten 3 Semestern. Also bekommt man innerhalb seiner Prüfung sechs Noten, die dann die Endnote ergeben. Man sitzt also mindestens drei Stunden in der Prüfung, manche waren auch doppelt so lange drinnen. Und gerade der Leichengang war bei mir immer nicht gut gewesen in letzten beiden Semestern und davor hatte ich richtig Angst. Die Themen konnte ich, die Strukturen am Leichnam auch, aber ob mein Kopf in der Prüfungssituation einmal nicht verquert und überkopft denken würde, dass war mir bis zuletzt nicht klar. Denn das hatte immer in den letzten beiden Kolloquien alles ruiniert.

So saß ich am Prüfungstag sicherlich weiß wie eine Kalkwand vor meinem Prüfungsraum, hoffte auf einen guten Prüfer und war schon wieder fast unterzuckert. Frühstücken konnte ich Tage davor nicht wirklich. Und ich war zu dem noch erkältet vom dem ganzen Stress, fast stimmenlos. Das meinte dann auch mein Prüfer: „Sie haben Stress, dass macht das Immunsystem kaputt!“

Rückblickend war mein Anatomie-Rigorosum eine sehr angenehme Prüfung. Histo-Themen, dann ein recht entspannter und mal nicht verkompliziter Leichengang, Neurothemen präsentieren und dann zum Schluss noch Embryo. Nach knapp drei Stunden verließ ich den Raum mit einer soliden, guten Note und war mehr als einfach nur erleichtert. Also Foto vor dem Mosaik und in Bett legen und mal ausschlafen. Nur war mein Körper noch so voller Adrenalin, dass er Schlafen für unnötig hielt. Dann kam erst einmal Weihnachten samt der Feiertage, an denen ich einfach nichts gelernt haben, nach all dem Stress eine echte Wohltat. Erst nach Silvester ging es wieder retour nach Pécs für Physio, Biochemie und Immunologie. Hier hat sich dann sehr wohl das Nichtstun gerächt, besonders in Biochemie durfte ich noch mal antreten, aber egal. So war ich dann Ende Januar fertig und hatte das dritte Semester auch endlich hinter mich gebracht! Also auf in das entspannte, ruhige vierte Semester.


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About the author

Lisa
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Hallöchen, ich bin Lisa.
Seit 2013 studiere ich in Pécs Medizin. Neben dem hohen Arbeitspensum im Studium schreibe ich auf dieser Homepage über mich, mein Studium und was mir sonst so durch den Kopf geht.

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